Ehrenamtlicher Auslandseinsatz im Irak

Martin Pfannekuch, Dozent an der Ergotherapie Schule Mainz, verbrachte im September eine Woche in Chamchamal im Irak, um vor Ort einheimische Therapeuten in der Gartentherapie fortzubilden.

Martin Pfannekuch im Irak
Garten Jiyan Stiftung 1
Garten Jiyan Stiftung 1

Zustande kam dieser Aufenthalt durch eine Kooperation der Jiyan Stiftung für Menschenrechte und des Ausbildungsinstitutes "Gärten helfen Leben", für die sich der Kollege engagiert. Die Jiyan Stiftung betreibt dort einen Heilgarten für Überlebende von Krieg und Gewalt.

Martin Pfannekuch ist Arbeits- und Gartentherapeut, Gärtner, Waldbauer, Baumkontrolleur, studierter Gartenbauer und Dozent für arbeitstherapeutische Behandlungsverfahren an der Ergotherapie Schule Mainz. Zusätzlich arbeitet er im Therapiedorf Villa Lilly in Bad Schwalbach mit drogenabhängigen Rehabilitanden. Zum internationalen Fortbildungsteam im Irak gehörten ein weiterer deutscher Gartentherapeut, ein Gartentherapie-Professor aus New York und zwei Kunst- und Gartentherapeutinnen aus Paris und Wien.

Gartentherapie für Traumatisierte

Mit dem Heilgarten im kurdischen Teil des Irak wurde mit internationaler Hilfe ein besonderer Ort geschaffen. Martin Pfannekuch nennt es eine „Oase des Lebens“. Der Gebäudekomplex besteht größtenteils aus Lehmhäusern, ist umgeben von Gärten und Plantagen und bietet Platz für Tiere, mit denen auch therapeutisch gearbeitet wird.

Auch die Bevölkerung nimmt dieses geschützte Areal an. Einmal in der Woche nutzen bis zu 1.300 Besucher die Möglichkeit zum Besuch beim Tag der offenen Tür.

In erster Linie werden hier traumatisierte Frauen und Kinder behandelt. Die Patienten erlebten Krieg, Terror und Gewalt, zuletzt durch den sogenannten „Islamischen Staat“. Dass die Gartentherapie dazu genutzt werden soll, hat natürlich seinen Grund. Gartentherapie ist ein spezieller Teil der naturgestützten Therapie („Green Care“), erklärt Martin Pfannekuch. Zur klassischen Klientel zählen in der Regel Altenheime und die Gerontopsychiatrie. Sie wird eingesetzt in der Jugendarbeit zur Resilienzbildung und zur Prävention, zur Rehabilitation von Abhängigen - und eben auch in der Therapie von Traumatisierten.

Gartenarbeit hat anderes Ansehen als in Deutschland

Die Therapeuten, die fortgebildet wurden, sind Experten auf ihren Gebieten, etwa Psychotherapeuten, Sozial- oder Traumatherapeuten. Sie wurden international ausgebildet, machten u.a. Fortbildungen zur tiergestützten Therapie in Deutschland, entschieden sich aber, in ihrer Heimat zu arbeiten, um dort ihren Landsleuten und Geflüchteten vor Ort zu helfen. Die drei Gärtner der Anlage sind Autodidakten. Man achtete darauf, dass sie Teil des Teams und der Ausbildungsveranstaltung sind.

Beim Thema Garten sieht es im Irak indes anders aus als wir es kennen (gerade während der Corona-Pandemie zeigte sich ja bei uns, wie sehr Gartenarbeit als Ausgleich zum Alltag geschätzt wird). Also mussten Martin Pfannekuch und seine Kollegen umdenken. „Gärten werden schon genutzt“, sagte er. Aber: Entweder, weil es zwingend notwendig ist, um etwas anzubauen, das man was zu Essen hat. Oder man arbeitet im Garten als Angehöriger einer ungelernten Unterschicht. Gartenarbeit hat hier keinen hohen Stellenwert. Die Einheimischen können oft also gärtnern, lehnen es aber zu therapeutischen Zwecken im Grunde ab.

Eine Möglichkeit, die Menschen, die therapiert werden sollen, an die Gartentherapie heranzuführen ist es, Patienten zu Experten für das Gärtnern zu machen, die dem Therapeuten zeigen, wie es geht. Bedingt durch diesen Rollenwechsel erhält ein Therapeut Zugang zum Patienten - oder auch, in dem man den Garten selbst als Therapieraum nutzt, als geschützten Raum zum Erholen, Ausruhen, Lustwandeln und Genießen.

Es hat mich stolz gemacht, da helfen zu können

Martin Pfannekuch ist froh, dass das Projekt nun doch stattfinden konnte - coronabedingt gab es eine immense Verzögerung von über anderthalb Jahren verbunden mit einer reinen Onlinephase. Und auch jetzt konnte eine Kollegin aus Taiwan nicht dabei sein, da sie durch die örtliche Coronalage kein Visum beantragen konnte. Im kurdischen Irak-Gebiet (Autonome Region Kurdistan) leben laut Martin Pfannekuch etwa 5,5 Millionen Menschen. Sie nahmen 1,6 Millionen Flüchtlinge auf. „Sie leisten vor Ort eine großartige Arbeit.“ Daher sei es für ihn auch keine Frage gewesen, das mit seinem Fachwissen zu unterstützen.

Die Arbeit in einem internationalen Team sieht er als große Bereicherung („das war mit das Schönste“). So gab er z.B. gemeinsam mit Matthew Wichrowski, einem Professor der New York University, der in Manhattan einen Therapiegarten betreibt, Vorlesungen zur Bodenkunde und zu Grundlagen des therapeutischen Gärtnerns, die dankbar angenommen wurden. Martin Pfannekuch zu seinem Aufenthalt im Irak: „Es hat mich stolz gemacht, da helfen zu können.“ Er hofft, dass dieser Einsatz wiederholt wird und weitergeführt werden kann. 

Text: Wolfgang Pape

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