Projekt mit Jobcenter heißt jetzt "Erster Schritt"
Sozialarbeiter-Team der Rhein-Mosel-Fachklinik Andernach berät nun auch psychisch kranke Betroffene
Seit 13 Jahren kooperiert die Rhein-Mosel-Fachklinik (RMF) mit dem Jobcenter Mayen-Koblenz beim Projekt „Erster Schritt – letzter Schluck“, das sich an Personen im SGB II-Bezug mit einem problematischen Alkoholkonsum richtet. Diese Kooperation wurde erweitert und schließt nun auch psychisch kranke SGB II-Empfänger:innen mit ein. Der Name des Projekts änderte sich entsprechend zu „Erster Schritt“.
„Viele Menschen mit Suchterkrankungen oder mit psychischen Erkrankungen benötigen fachspezifische, psychosoziale Begleitungen und Behandlungen“, weiß Thomas Dreiner, Leiter des Sozialdienstes an der RMF. Bei den Betroffenen sind die Möglichkeiten der beruflichen Wiedereingliederung häufig stark eingeschränkt, Einleitungen berufsfördernder Maßnahmen oder die direkte Vermittlung in den Arbeitsmarkt scheitern häufig.
Das Jobcenter, so Thomas Dreiner, fragte schließlich an, ob auch Jobcenter-Kundinnen und Kunden mit psychischen Problemen beraten werden könnten. Darauf erweiterte sich das Angebot ab dem 1. März 2024.
Mit dem Projekt kann die Zielgruppe der Leistungsbezieher mit problematischem Alkoholkonsum gezielt angesprochen und auf Hilfsangebote aufmerksam gemacht werden. In Gesprächen ist es möglich, Verhaltensänderungen anzusprechen und direkte Hilfsmaßnahmen einzuleiten. Ziel der frühen Intervention ist grundsätzlich die Motivierung.
Durch das Projekt wird eine Verkürzung der Zugangszeiten von Alkoholabhängigen und -gefährdeten ins Suchthilfesystem angestrebt, um so das Herausbilden weiterer Vermittlungshemmnisse zu vermeiden, die Arbeitsfähigkeit zu erhalten und eine Vermittlung in die Erwerbstätigkeit zu ermöglichen.
Psychische Erkrankungen wie Depression belasten Partnerschaften, Familie, Freundeskreis und Arbeitswelt im hohen Maße. Oftmals ziehen sich Menschen mit Depressionen aus sozialen Beziehungen zurück. Dreiner: „Auch hier konnten wir aufgrund unserer Erfahrung ein Vertrauensverhältnis zu den leistungsberechtigten Personen aufbauen und erste Schritte ansprechen.“
Einzelfallorientierte Beratungen und übergeordnete Netzwerkarbeit
In der Summe schafft die Arbeit der RMF-Kolleginnen und Kollegen einzelfallorientierte Beratungen und übergeordnete Netzwerkarbeit, die Verbesserung der sozialräumlichen Situation der Betroffenen. Es werden leistungsberechtigte Personen für unterschiedliche Leistungen aus dem Netzwerk wie medizinische Reha, Teilhabe am Arbeitsleben und andere Stabilisierungsmaßnahmen identifiziert, stationäre Aufnahmen begleitet oder andere präventive Maßnahmen angestoßen sowie eine nahtlose Zusammenarbeit nach einer Behandlung in der RMF angeboten.
Kontinuität für Betroffene herstellen
Laut der Kooperationsvereinbarung zwischen dem Jobcenter Mayen-Koblenz und der Rhein-Mosel-Fachklinik müssen leistungsberechtigte Personen dem Jobcenter nicht angeben, welche Krankheit sie haben oder wie sie aktuell behandelt werden. Die Beratung durch Fachleute der Klinik ist freiwillig und vertraulich – ohne die Betroffenen findet keine Weitergabe von Informationen zwischen den Arbeitsvermittlern und den Sozialarbeiter:innen der RMF statt. Im Zentrum steht die Beziehungsarbeit zwischen den RMF-Kolleginnen und Kollegen sowie den Jobcenter-Kunden; so wird eine Kontinuität für die Betroffenen hergestellt.
Die Beratungen in den Jobcenter-Niederlassungen Mayen, Weißenthurm, Andernach und Bendorf übernehmen die Sozialarbeiterin Anne Sauer und der Sozialarbeiter und Verhaltenstherapeut Christoph Fischer. Anne Sauer berichtet, dass sie den Wechsel zwischen stationärer und ambulanter Arbeit schätzt. Die unterschiedlichen Arbeitsbedingungen ermöglichen ihr, klinische Sozialarbeit mit sozialpsychiatrischem Einsatz zu verbinden und fördert in manchen Fällen eine verstärkte Beziehungsarbeit. Wolfgang Pape