Pflegeexperten - Advanced Practice Nursing (APN)

Seit November 2020 arbeiten in der Rhein-Mosel-Fachklinik Andernach Pflegeexperten nach dem internationalen Modell "Advanced Practice Nursing" (APN). Wir stellen Ihnen die Arbeit der Mitarbeitenden vor.

Pflegeexperten - Advanced Practice Nursing (APN)

Die Gesundheitsversorgung in Deutschland steht aufgrund von demografischen Veränderungen und einer Zunahme von chronischen Erkrankungen und Multimorbidität vor der Herausforderung, neue Versorgungskonzepte zu entwickeln. Krankenhäuser sind einem zunehmenden wirtschaftlichen Druck ausgesetzt. Leistungen sollen nicht nur wirtschaftlich und zweckmäßig erbracht werden, sondern sich auch an den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen ausrichten (MVollG§7, SGB V §135a Abs.1, SGB XI §113a, KrPflG §3). Der Mangel an Pflegefachpersonen verschärft sich dramatisch und auch Ärztinnen und Ärzte fehlen, insbesondere in ländlichen Regionen. (vgl. Broschüre APN, 2019, S. 3)

Diese Entwicklung macht eine Neugestaltung des Gesundheitswesens erforderlich, wovon auch die Profession der Pflege betroffen ist. Durch die Neustrukturierung aber auch durch neue Handlungsfelder und neue Zuständigkeiten muss die Pflege Antworten auf die veränderten Versorgungsnotwendigkeiten finden. Vorschläge für eine stärkere Einbindung der Pflegefachpersonen, einer neuen Aufgabenzuteilung und größerer Handlungsfreiheit werden immer klarer beschrieben. Aufgrund der voran schreitenden Akademisierung in der Pflege, sind die Pflegenden ideal geeignet, eine erweiterte Rolle im Versorgungsprozess zu übernehmen. Aus Sicht des Deutschen Berufsverbandes für Pflegeberufe (DBfK) sowie der Pflegedirektion und der Direktion F|W|P der Rhein-Mosel-Fachklinik Andernach geht es nicht vorrangig um die Erweiterung von Delegation, sondern im Gegenteil um Substitution und Allokation von Aufgaben und Verantwortungsbereichen. Zielsetzung einer derartigen Neugestaltung ist es, Patienten eine pflegerische Versorgung auf höchstem Niveau zukommen zu lassen. (vgl. Broschüre APN, 2019, S. 3)

Dies bedeutet für die Profession der Pflege, dass neben Erfahrungswissen, immer auch aktuelle pflegewissenschaftliche Erkenntnisse Grundlage pflegerischen Handelns sind. Genau dieser Theorie-Praxis-Transfer ist vordringliche Aufgabe von akademisch qualifizierten Pflegefachpersonen mit dem Abschluss in klinischer Expertise/APN.

Unter dem Oberbegriff Advanced Practice Nursing (APN) wird international „eine erweitere und vertiefte pflegerische Praxis“ durch den Einsatz von akademisch qualifizierten Pflegefachpersonen verstanden, die patientennah und eigenverantwortlich bei der Gesundheitsversorgung mitwirken. (vgl. Broschüre APN, 2019, S. 3)

APN zeichnet sich durch den Einsatz hochspezialisierter Pflegefachpersonen aus, die sich entweder auf ein Gesundheitsproblem, ein Fachgebiet oder eine Gruppe von Patientinnen und Patienten spezialisieren (zum Beispiel Allgemeinpsychiatrie, Gerontopsychiatrie, Neurologie, Ernährungs- und Medikamentenmanagement oder wohnungslose Menschen) oder aber ein erweitertes hochspezialisiertes Aufgabengebiet übernehmen. (vgl. APN-Positionspapier, 2020, S. 1)

Advanced Practice Nurses (APN) verfügen über Spezialwissen, klinische Expertise, Forschungsinteresse und klinisches Urteilsvermögen, das heißt, die Fähigkeit zur Entscheidungsfindung bei komplexen Sachverhalten. Sie initiieren selbstständig eine hoch qualifizierte Pflege (vgl. APN-Positionspapier, 2020, S. 1).

Die Charakteristik der Kompetenzen wird vom Kontext und/oder den Bedingungen des jeweiligen Landes gestaltet, in dem sie für die Ausübung ihrer Tätigkeit zugelassen sind. (Broschüre APN, 2019, S. 9f.) Sie verfügen über eine Berufszulassung als Registered Nurse (RN). In Rheinland-Pfalz ist dies durch die Mitgliedschaft in der Pflegkammer erfüllt, und über Berufserfahrung sowie eine akademische Qualifikation (in der Regel durch ein berufsbegleitendes Masterstudium) (vgl. Broschüre APN, 2019, S. 10).

Der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK), der Österreichische Gesundheits- und Krankenpflegeverband (ÖGKV) und der Schweizer Berufsverband der Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner (SBK) haben sich bereits 2013 für die Definition einer gemeinsamen Position für eine erweiterte und vertiefte Pflegepraxis im deutschsprachigen Raum eingesetzt.

Die Grundlage hierzu bildet die Definition des International Council of Nursing (ICN) und das Advanced Nursing Practice Modell (ANP Modell) von Hamric, trotz der Kenntnis darüber, dass zurzeit in den Ländern noch nicht alle Einflussgrößen der Definition erfüllt werden können und die Definition somit zum Teil auch eine prospektive Sichtweise beinhaltet.

Als einheitliche Bezeichnung soll „Pflegeexperte/in Advanced Practice Nursing (APN)“ im deutschsprachigen Raum etabliert werden, dem sich das Landeskrankenhaus (AöR) und somit auch die Rhein-Mosel-Fachklinik anschließt (vgl. Eine Positionierung von DBfK, ÖGKV und SBK, 2013, S. 1f.). Die Kompetenzen, der Grad der Autonomie, die Form der gesetzlichen Reglementierung ist in den einzelnen internationalen Ländern sehr unterschiedlich ausgeprägt. Es gibt eine Vielzahl von Rollenbeschreibungen, Titeln und Arbeitsfeldern. Daher ist es wichtig, das Berufsbild einer Pflegeexpertin APN innerhalb des Gesundheitswesens zu definieren und einzuordnen (vgl. Broschüre APN, 2019, S. 9).

Die Abkürzungen APN und ANP werden wie folgt unterschieden (APN-Positionspapier, 2020, S. 4):

  • Advanced Nursing Practice (ANP) bezeichnet das Handlungsfeld, in dem eine erweiterte/vertiefte pflegerische Versorgung erbracht wird.
  • Eine Advanced Practice Nurse (APN) ist eine Pflegefachperson, die sich durch ein zusätzliches Studium (auf Masterebene) Expertenwissen, die Fähigkeit zur Entscheidungsfindung bei komplexen Sachverhalten sowie klinische Kompetenzen für eine erweiterte/vertiefte pflegerische Praxis (ANP) angeeignet hat.
  • Mit Advanced Practice Nursing (APN) werden erweiterte Pflegeinterventionen bezeichnet, die die klinischen Ergebnisse beeinflussen, bei Einzelpersonen, Familien und weiteren unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen.

APN (seit 2018 der bevorzugte Begriff des ICN) hat sich durch Einsatz von Pflegeexperten mit gesetzlich geregelten, erweiterten Aufgaben in Australien, Finnland, Irland, Kanada, Neuseeland und in Teilen Englands und den USA breit etabliert. In einem frühen Stadium der Entwicklung einer erweiterten Pflegepraxis nach internationalem Vorbild befindliche Länder sind: Österreich, Belgien, Deutschland, Frankreich, Island, Israel, Kroatien, Litauen, Norwegen, Schweden, Schweiz und Zypern (vgl. Broschüre APN, 2019, S. 9).

Die Reduzierung der Pflege auf eine assistierende Tätigkeit für den ärztlichen Dienst weicht einer Pflege, die als eigenständige Profession handelt. Gesetzlich gestützt wird die Entwicklung zum Beispiel durch das Pflegeberufegesetz von 2017. Darin werden erstmalig die Vorbehaltsaufgaben der Pflege definiert sowie die grundständige Pflegeausbildung an Hochschulen gesetzlich geregelt. Dadurch und durch Ausweitung der Studiengänge im Sinne einer Vertiefung klinischer Felder eröffnen sich bisher unbekannte Entwicklungs- und Karrierechancen (vgl. Broschüre APN, 2019, S. 8).

Eine weitere gesetzliche Grundlage für eine vertiefte Pflegepraxis im Sinne von APN wurde im Pflege-Weiterentwicklungsgesetz von 2008 durch den Paragraf 63, Absatz 3 b und 3 c, SGB V, geregelt. Die Heilkundeübertragungsrichtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) ermöglicht erstmalig die selbstständige Ausführung von Heilkunde für Pflegende mit entsprechender Ausbildung in Modellprojekten. Die Heilkunderichtlinie konkretisiert die Regelung. Jedoch führt der hohe formale und bürokratische Aufwand dazu, dass bis jetzt kaum Modellprojekte umgesetzt wurden. (vgl. Broschüre APN, 2019, S. 8) Auch der Paragraf 5a Infektionsschutzgesetz (IfSG) überträgt Pflegefachpersonen, bei Vorliegen einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite, die Befugnis zur Ausübung von heilkundlichen Tätigkeiten. Es gibt allerdings dazu keine weiteren Erläuterungen. (vgl. Positionspapier-APN, 2020, S.2)

  • Deutscher Berufsverband für Pflegeberufe – DBfK Bundesvorstand (2020): Advanced Practice Nursing – Positionspapier
  • Deutscher Berufsverband für Pflegeberufe – DBfK Bundesvorstand (2019): Broschüre Advanced Practice Nursing - Pflegerische Expertise für eine leistungsfähige Gesundheitsversorgung; 4. Auflage.
  • DBfK, ÖGKV und SBK zu ANP (2013): Advanced Nursing Practice in Deutschland, Österreich und der Schweiz – Eine Positionierung von DBfK, ÖGKV und SBK.

Sie sind Pflegefachkraft und interessieren sich für die Arbeit als Pflegeexperte an der Rhein-Mosel-Fachklinik Andernach? Nehmen Sie gerne mit uns Kontakt auf oder informieren Sie sich auf unserer Karriereseite über aktuelle Stellenangebote. 

Ihre Ansprechpartnerin

Brachtendorf, Yvonne
Yvonne Brachtendorf, M.Sc.
Stellv. Pflegedirektorin

Tel.: 02632 407-5209

y.brachtendorf@rmf.landeskrankenhaus.de