Alzeyer Symposium

Alzeyer Symposium 2023

Im Juni fand das 32. Alzeyer Symposium zum Thema „Psychische Gesundheit in einer sich verändernden Welt“ statt. Trotz des eher ungewohnten Sommertermins kamen über 100 Interessierte ins Tagungszentrum. Am Vormittag gab es dreistündige Workshops, die es ermöglichten, tief in die einzelnen Themen einzutauchen. Traditionell fanden am Nachmittag drei Fachvorträge statt.

Die Kulturanthropologin und Integrationsbeauftragte des Landkreises, Alexandra von Bose, sprach über die Wichtigkeit des Zusammenhalts in unserer Gesellschaft. In einer Online-Zuschaltung stellte Veronika Lessel das „Mental Health First Aid“-Programm vor. Die frisch an die Universität Mainz berufene Professorin Dr. Katajun Lindenberg schilderte dann in einem spannenden Vortrag „the bright and the dark side oft he moon“, die Auswirkungen von Online-Süchten und die digitalen Chancen in Bezug auf ihre Bekämpfung.

Absolutes Neuland betrat die Klinik mit einer sich anschließenden lebhaften Podiumsdiskussion, an der sich auch Vertreterinnen der Fridays for Future-Gruppe Alzey sowie der Psychologists for Future beteiligten. Man stellte fest, dass jeder einzelne schon für sich Maßnahmen ergreifen kann, die dem Klima helfen und nahm sich vor, sich für klimafreundliche Ideen im Landeskrankenhaus stark zu machen.

Save the date: Auch im nächsten Jahr wird es wieder einen Sommertermin geben - 19. Juni 2024.

Archiv

Alzeyer Symposium 2021

Unter strengen Hygienerichtlinien konnte das Alzeyer Symposium der Rheinhessen-Fachklinik Alzey (RFK) in diesem Jahr wieder stattfinden. Das Thema der Veranstaltung war passend zur Gegenwart gewählt: „Depression und Burnout in Rahmen von globalen Krisen“. Wie gewohnt startete die Veranstaltung mit Workshops am Vormittag; den Nachmittag füllten drei Referate. Zuvor erinnerte Dr. Wolfgang Guth, ehemaliger Ärztlicher Direktor der RFK und Begründer des Symposiums, mit Anekdoten aus den letzten 30 Jahren an die lange Reihe namhafter Referent:innen.

Selbstwirksamkeit bei Kindern und Jugendlichen

„Wir kommen absolut hilflos zur Welt“, sagte Prof. Dr. Michael Huss, Ärztlicher Direktor der Rheinhessen-Fachklinik Alzey, der zum Thema „Krise und Selbstwirksamkeit im Kindes- und Jugendalter“ sprach. Ständig sind Menschen um uns herum, die uns helfen, uns alles abnehmen. Ein Kind versucht im Laufe seiner Entwicklung, das zu überwinden. Und immer, wenn das klappt, stärkt es die Selbstwirksamkeit des Kindes. Wer eigene Fähigkeiten einschätzen kann, vertraut sich selbst und kann das eigene Handeln reflektieren. Als Eltern gelte es, realistische Erwartungen zu entwickeln und mit einer „liebevollen Kontrolle“ zu helfen, sich nicht zu über- oder zu unterschätzen.

Dann kam Corona, „plötzlich waren wir in einer Krisensituation“. Studien zeigten, dass das selbstverletzende und suizidales Verhalten bei Kindern und Jugendlichen während der Pandemie bedrückend stark anstieg. Sein eigenes Fazit zur Coronazeit: Auf Grundwerte konzentrieren, die Familie und Gesellschaft zusammenhalten.

Suizide im 20. Jahrhundert

Prof. Dr. Tom Bschor (Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der TU Dresden), referierte über ein ungewöhnliches Thema: „Suizide im 20. Jahrhundert - Selbsttötungen in einer Epoche der Gewalt, Ideologien und menschengemachter Katastrophen“. Ausgehend vom Kaiserreich über die Zeit des Ersten Weltkrieg, die Weimarer Republik, die Zeit der Nationalsozialisten und die Nachkriegszeit bis zur Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten, konnte Bschor detailliert aufzeigen, wie Menschen im Laufe dieses ohnehin blutigen Jahrhunderts freiwillig aus dem Leben schieden. „Nicht nur psychische Krankheiten, auch wirtschaftliche Not führt zu Suizid“, sagte er. Erfreulich immerhin ist, dass sich ab 1980 die Zahl der Selbstmorde halbierte.

Teilhabe für Senioren auch in Krisenzeiten

PD Dr. Sarah Kayser, Chefärztin der Allgemeinpsychiatrie 3 / Gerontopsychiatrie der RFK Alzey, sprach über „Selbstbestimmung, Partizipation und soziale Teilhabe für ältere Menschen in globalen Krisen“. Etwa 18 Millionen Menschen, die älter als 65 Jahre sind, leben in Deutschland. Krisen wie die Corona-Pandemie können zu großen Belastungen führen - Selbstbestimmung, Partizipation und soziale Teilhabe sollten auch für ältere Menschen erhalten bleiben (wir alle kennen bedrückende Berichte aus Heimen). Denn restriktive Maßnahmen sind nicht nur schützend, sondern können auch erhebliche Gefahren bergen, die sich körperlich, sozial, kognitiv und emotional schädigend auswirken.

„Es muss individuelle Lösungen geben“, postulierte Dr. Kayser. Sie sieht dabei drei Aspekte im Fokus: Selbstbestimmtes Leben im Alter, die gesellschaftliche Teilhabe Älterer, ein solidarisches Miteinander.

Behandlungskonzepte der Adoleszentenpsychiatrie

Die Rheinhessen-Fachklinik Alzey hatte wieder zum 29. Alzeyer Symposium eingeladen. In diesem Jahr widmete sich die Fachtagung einer Patientengruppe, für die in unseren Kliniken häufig passende Angebote fehlen, den Adoleszenten.

Jugendliche sind dabei, ihren Weg ins Erwachsenenalter zu finden und sitzen dabei häufig „zwischen den Stühlen“. Kommt dann eine psychische Krise oder gar eine Erkrankung dazu, ist es oft schwierig, passende Angebote in der Psychiatrie zu finden. Angebote der Kinder- und Jugendpsychiatrie passen häufig nicht mehr, weil die Patienten in ihrer Entwicklung bereits deutlich weiter sind als es das tatsächliche Alter vermuten lässt. In anderen Fällen ist die Volljährigkeit erreicht und ein Patient muss in der Erwachsenenpsychiatrie behandelt werden, obwohl er in der Kinder- und Jugendpsychiatrie deutlich besser aufgehoben wäre.

Der Ärztliche Direktor Prof. Dr. Michael Huss kündigte ausgewiesene Experten an, die über evidenzbasierte Medizin sowie über Erfahrungen aus der Praxis berichteten. Der Vormittag des Alzeyer Symposiums startete mit Workshops zu unterschiedliche Anforderungen in der Behandlung von Adoleszenten.

Am Nachmittag sprachen drei Referenten: Prof. Dr. Eva Möhler (Universitätsklinikum Heidelberg) referierte zum Thema „Vom Heidelberger Frühbehandlungszentrum ins Saarland - Behandlungsangebote für das Transitionsalter“. Dr. Michael Lipp (Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf) sprach zur interdisziplinären Behandlung von Adoleszenten und berichtete über Erfahrungen aus dem Adoleszentenbereich des Universitätsklinikums, der 2013 als Kooperation der Kliniken für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Erwachsenenpsychiatrie gegründet wurde. Es ist ein interdisziplinäres Behandlungsangebot für Jugendliche und junge Erwachsene im Alter von 16 bis 25 Jahren. Dr. Annette Duve (Vitos Riedstadt) berichtete von der seit September 2019 betriebenen Adoleszentenstation als Kooperationsprojekt der Erwachsenen- und Kinder- und Jugendpsychiatrie.

Prävention und Früherkennung psychischer Erkrankungen

Alzey. Prävention und Früherkennung tragen wesentlich dazu bei, dass Menschen in psychischen Krisen und bei beginnenden psychischen Erkrankungen frühzeitig Hilfe erhalten. Gerade bei ersten Krankheitszeichen kann der Krankheitsprozess noch gestoppt und der Erkrankte gestützt werden. Wichtig ist in jedem Fall, dass die ersten Anzeichen ernst genommen und erkannt werden. Aus diesem Grund wurde im letzten Jahr an der Rheinhessen-Fachklinik Alzey das Früherkennungs- und Therapiezentrum Rheinhessen, kurz FETZ, ins Leben gerufen. Wir stellten Ihnen dieses Zentrum bereits in den Aktuellen Befunden vor.

Das diesjährige Alzeyer Symposium widmete sich unterschiedlichen Aspekten dieses wichtigen Themas. Am Vormittag der ausgebuchten Veranstaltung am 14. November standen zunächst Workshops auf dem Programm. Die Themen: „Macht Arbeit psychisch krank?“, „Bewegung macht glücklich“, „Resilienz im ländlichen Raum“, „Psychose-Früherkennung und –behandlung: EPA-Guidance Projekt“, „Resilienz – Was macht uns widerstandsfähriger?“, „Strategien zur Resilienzförderung“ und „Psychosefrüherkennung in der Praxis“.

Für den Nachmittag konnten namhafte Referenten zu Fachvorträgen gewonnen werden. Univ.-Prof. Dr. Oliver Tüscher, Sektion Neuropsychiatrie und Resilienz der Universitätsmedizin Mainz, sprach zum Thema „Resilienz – Was macht uns widerstandsfähig gegen Stress und psychische Erkrankungen?“. Prof. Dr. Frauke Schultze-Lutter, Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie am LVR-Klinikum Düsseldorf, referierte zu „Klinischen Hochrisikokriterien und -symptomen in der Allgemeinbevölkerung: Prävalenz, Krankheitswertigkeit und Entwicklungsspezifika“. Prof. Dr. med. Stefan Klingberg, Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Tübingen, referierte zu „Psychotherapie bei Psychosen“.

„Warum (immer) ich?“ Mobbing bei Kindern und Jugendlichen - Prävention und Intervention

Alzeyer Symposium beschäftigte sich mit Mobbing bei Kindern und Jugendlichen

Das Thema sei im Alltag von großer Bedeutung, sagte die Ärztliche Direktorin PD Dr. Anke Brockhaus-Dumke. Pflegedirektor Frank Müller zeigte sich angesichts der großen Resonanz zum diesjährigen Alzeyer Symposium erfreut. Gleichzeitig beweise dies aber die große Brisanz des Themas. Es ging um Mobbing. „Warum (immer) ich?“, so der Titel der Veranstaltung. „Mobbing bei Kindern und Jugendlichen - Prävention und Intervention.“

Nach den Workshops am Vormittag wurde nachmittags wieder zu Vorträgen eingeladen. Dr. Andreas Stein, Chefarzt der Alzeyer Kinder- und Jugendpsychiatrie, machte in seiner Begrüßung auf einen besonderen Umstand aufmerksam, der in den Vorträgen wieder auftauchte: Jeder fünfte Täter war schon einmal Opfer - auch der Amokläufer von München. Dies alleine beweist eine besondere Brisanz und die Notwendigkeit, sich intensiv mit dem Thema zu befassen.

Darf ich an dieser Stelle anders denken?

Prof. Dr. Michael Huss (RFK Mainz) referierte zum Thema „Jenseits des Denkens in Täter- und Opferprofilen“. Sozialpsychologisch sei es durchaus sinnvoll, bei Mobbing zwischen Tätern und Opfern zu unterscheiden (Täter = schuldig, Opfer = unschuldig). Doch in der Behandlung werde man sich der Begrenztheit dieses Zugangs schnell bewusst. Darf ich an dieser Stelle anders denken? Prof. Huss mahnte, immer im Auge zu behalten, was man damit anrichten kann, wenn man anders denkt. Damit hinterfrage man, warum viele ehemalige Opfer selbst zu Tätern werden. Oder man werde sich der Sicht von Tätern bewusst, die sich selbst als Opfer sehen. „Mobbing verstehen heißt auch, auf mögliche Stigmata zu reagieren.“ Es gebe in der klinischen Behandlung einen besonderen Spannungsbogen, den Prof. Huss darlegte.

Jeder, der nicht eingreift, ist Beteiligter

Mobbing oder Bullying betreffe zehn bis 20 Prozent der Schüler, sagte Prof. Dr. Mechthild Schäfer (Ludwig-Maximilians-Universität München). Die Gruppe der Zuschauer sei immens: Jeder, der nicht sanktioniere oder sonstwie eingreife, sei ein Beteiligter. Prof. Schäfer hat dazu umfangreiche Forschungen geleitet.

Viele Aktivitäten gegen Mobbing scheiterten, weil ein Fazit der Evaluationen großer Interventionsprogramme in der Praxis immer noch vernachlässigt werde. Die effizienteste Prävention und Intervention komme aus der Klasse selbst und sei in zwei von drei Fällen erfolgreich.

„Mobbing ist eine besondere Form von Gewalt“

Dr. Johann Haffner (Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie am Universitätsklinikum Heidelberg) stellte Ergebnisse wissenschaftlicher Studien zu den Folgen von Mobbing auf Opfer- und Täterseite vor. 16 Prozent der Schüler seien Mobbingopfer, sagte er. „Mobbing ist eine besondere Form von Gewalt.“ Mobbing geschehe meist gezielt vor Publikum. Die Auswirkungen bei den jungen Menschen seien immens: Haffner sprach von deutlich erhöhten psychischen Belastungen, häufigerer Behandlung und wiederholten Selbstverletzungen und Suizidversuchen.

„Wir müssen beiden helfen!“ Täter und Opfer seien beide in ihrer späteren Lebensführung beeinträchtigt. Haffner will eher die Prävention in der Schule verstärken als die Kinder- und Jugendpsychiatrie auszubauen. Im Rahmen seiner Studien befasste er sich u.a. mit dem Olweus-Mobbing-Präventionsprogramm („kein Programm, sondern eine Änderung der Schulstruktur“).

Kinder von psychisch Erkrankten im Mittelpunkt des Alzeyer Symposiums

„Und was passiert mit mir?" - Unter diesem Titel beschäftigte sich das 26. Alzeyer Symposium mit der Situation von Kindern psychisch Erkrankter. Kinder und andere Angehörige fühlen sich oft alleine gelassen im Umgang mit der psychischen Erkrankung ihrer nahen Angehörigen.

Alzey - 9. November 2016. Fachleute befinden sich nicht selten in einem Dilemma: Sie möchten und müssen zunächst den erkrankten Menschen helfen, dürfen dabei aber die Angehörigen nicht vergessen. Wie geht ein Kind mit einem schwer depressiven Elternteil um? Was löst die Krankheit bei dem Kind selbst aus? Wie gewohnt startete der Tag mit verschiedenen Workshops zum Thema, die die verschiedensten Aspekte des Problems beleuchteten. Am Nachmittag schlossen sich Vorträge an. Dr. Christiane Hornstein (Psychiatrisches Zentrum Nordbaden, Wiesloch) sprach über spezifische Hilfen für Mütter mit peripartalen psychischen Erkrankungen. Elisabeth Schmutz (Institut für Sozialpädagogische Forschung Mainz) fasste Angebote und Unterstützungsstrukturen für psychisch kranke Eltern und ihre Kinder im Versorgungsgebiet der RFK Alzey zusammen.

Prof. Dr. Albert Lenz (Katholische Hochschule Nordrhein-Westfalen, Paderborn) brachte zu seinem Vortrag „Kinder psychisch kranker Eltern - Prävalenz, Risiken und familienorientierte Interventionen" ein Fallbeispiel mit: Felix lebt bei seiner Mutter, die an Borderline leidet. Seinen Vater lernte er nie kennen (es wird auch nicht über ihn gesprochen), das Verhältnis zur Großmutter ist ambivalent. Felix selbst ist stark übergewichtig, gehemmt, zurückhaltend. Er muss der Mutter helfen, „damit sie Stress abbauen kann".

In der Schule ist er gut, auch bei den Lehrern beliebt. Allerdings hat Felix keine Freunde, darf keine Gleichaltrigen einladen und wird von Mitschülern wegen seines Übergewichts und der kranken Mutter gehänselt. Eines Tages gibt es bei der Mutter eine Krise. Er wird schlecht in der Schule, macht keine Hausaufgaben mehr und als er gehänselt wird, rastet er aus und verletzt dabei einen Mitschüler. Felix verlässt die Schule, will nicht mehr dorthin, das Jugendamt wird eingeschaltet. Lenz: „Mutter und Sohn haben Angst, getrennt zu werden."

Destruktive Parentifzierung ist Risikofaktor

Prof. Lenz differenzierte Prävalenzen und Ressourcen des Jungen. Er weiß aus Forschungen, dass Kinder psychisch kranker Eltern eine „Hochrisikogruppe" darstellen. Das Risiko, selbst zu erkranken, ist bis zu viermal höher. Lenz differenziert Belastungen auf drei Ebenen: elterlich-familiär, Kind bezogene Faktoren, psychosoziale Faktoren.

Wichtige Risikofaktoren sind: Art der elterlichen Erkrankung, Alter des Kindes, familiäre Strukturen und Interaktionen („destruktive Parentifizierung", die bereits im Kleinstkindalter beginnt), soziale Belastungen wie Diskriminierungs- und Stigmatisierungserfahrungen, die zu einer Selbstdiskriminierung und Selbststigmatisierung führen. Kinder, so der Referent, übernehmen schnell Erfahrungen der Eltern („Ich komme aus einer komischen Familie").

Resilienz entwickeln

Um die Chance zu erhöhen, selbst gesund durch die Krankheit des Elternteils zu kommen, müssen Resilienzen entwickelt werden. Dazu zählt Prof. Lenz spezielle Schutzfaktoren wie tragfähige und Sicherheit vermittelnde Beziehungen, ein Wissen und Verstehen um die Krankheit („Wissen befähigt Kinder"), einen offenen Umgang der Eltern mit der Krankheit sowie ein emotionales Familienklima. Auch Copingstrategien tragen dazu bei („Ich habe das Recht, an etwas Schönes zu denken!").

Hilfen für Familien müssen die Komplexität der Problemlagen berücksichtigen („Teufelskreis betroffener Familien") und dürfen keine einseitige Wirkrichtung angehen. An Interventionsebenen nennt Prof. Lenz medizinisch-psychiatrische bzw. medizinisch-psychotherapeutische, bildungsbezogene Maßnahmen sowie familienorientierte Maßnahmen, „die ich sehr breit sehe". Die Selbstwirksamkeit sei dabei ein „zentraler Aspekt", sagte er. Dazu sei eine koordinierte, personifizierte Hilfe nötig; darüber hinaus sei eine Kooperation und Vernetzung vonnöten.

Fremd und traumatisiert - Wege der kultursensiblen Psychiatrie

25. Alzeyer Symposium der Rheinhessen-Fachklinik Alzey beleuchtete Situation traumatisierter Flüchtlinge und Behandlungsmöglichkeiten

Alzey - 11. November 2015. Das Thema „Flüchtlinge“ beherrscht derzeit wie kein anderes die Schlagzeilen. Flüchtlinge, die es bis nach Deutschland geschafft haben, sind oft traumatisiert - schließlich fliehen die meisten aus Kriegsgebieten und haben unvorstellbare Dinge erleben müssen. Wie geht man in Deutschland damit um? Wie kann den hilfebedürftigen Menschen geholfen werden? Die Rheinhessen-Fachklinik Alzey hatte am 11. November zum 25. „Alzeyer Symposium“ geladen und beschäftigte sich mit eben dieser Frage: „Fremd und traumatisiert - Wege der kultursensiblen Psychiatrie“.

Vorurteilsfreies und wertschätzendes Miteinander

Das Alzeyer Symposium beschäftigte sich mit vielfältigen Fragen, die sich in der Flüchtlingssituation ergeben. Acht Workshops am Vormittag - geleitet von sehr erfahrenen Spezialisten auf ihren jeweiligen Gebieten - verschafften einen Überblick über Möglichkeiten und Grenzen, psychisch belasteten bzw. traumatisierten Flüchtlingen in Deutschland zu helfen, wie Traumafolgestörungen bei Kindern erkannt werden können und erläuterten Aufgaben, Angebote und Maßnahmen Psychosozialer Zentren für Flüchtlinge. Bei vielfältigen Initiativen zur Flüchtlingshilfe ist eine gute Vernetzung unabdingbar - damit beschäftigte sich ein weiterer Workshop. Und schließlich ging es um die Frage der interkulturellen Kompetenz als aktuelle Herausforderung im Gesundheitswesen. Dazu gibt es bereits Konzepte für ein vorurteilsfreies und wertschätzendes Miteinander.

Mangelnde Sprachkenntnisse und kulturelle Unterschiede beeinflussen Hilfsangebote

Komplettiert wurde das Symposium am Nachmittag durch drei Vorträge. PD Dr. Iris Tatjana Graef-Calliess, Leitende Ärztin am Klinikum Wahrendorff, berichtete über kultursensible therapeutische Strategien bei der Behandlung von Migranten mit seelischen Erkrankungen. Sie weiß, dass die seelische Gesundheit von Migranten eine höhere Vulnerabilität aufweist. Insbesondere das subjektive Diskriminierungserleben steht in Zusammenhang mit einem erhöhten Risiko für psychische Erkrankungen. Allerdings gibt es einige Faktoren, die die Inanspruchnahme von Hilfsangeboten beeinflussen, neben mangelnden Sprachkenntnissen sind das kulturelle Unterschiede, die auch zu verschiedenen Krankheitserklärungsmodellen führen können.

Das Einschalten eines Dolmetschers führt nicht automatisch zu einem besseren Verständnis. Marie Rössel-Cunovic, Dipl.-Pädagogin, systemische Familientherapeutin und Mitbegründerin des Frankfurter Arbeitskreises Trauma und Exil e.V., konnte viele wertvolle Tipps geben zur Einbeziehung von Dolmetschern in die interkulturelle Behandlung oder Beratung und zeigte, welche Probleme umgangen werden sollten.

Alexandra von Bose, Integrationsbeauftragte des Landkreises Alzey-Worms, sieht einen großen Bedarf in der Behandlung von traumatisierten Flüchtlingen. Zusätzliche Problemfelder sind ihrer Erfahrung nach, dass Frauen mit ca. 30 Prozent in der Minderheit sind, dass Erstaufnahmestellen selten gesonderte Räume für sie aufweisen. Ihre Forderung: Es muss ein geschlechtsspezifischer Umgang mit traumatisierten Frauen und Mädchen gewährleistet werden.

Eine Gesamtübersicht über das Programm erhalten Sie als Download (Flyer auf dieser Seite).

Wir bemühen uns, zeitnah Material zu allen Vorträgen und Workshops als Download auf dieser Seite zur Verfügung zu stellen.

Wenn Sie konkrete Fragen zur Veranstaltung haben, können Sie sich gerne an uns wenden (info@rfk.landeskrankenhaus.de).

Autonomie und Schutz, Fürsorge und Zwang - Psychiatrie auf der Suche nach dem Patientenwohl

Am 12. November 2014 fand das 24. Alzeyer Symposium mit dem Titel „Autonomie und Schutz, Fürsorge und Zwang - Psychiatrie auf der Suche nach dem Patientenwohl“ in der RFK Alzey statt. Das Symposium wurde interdisziplinär aufgestellt und gemeinsam von Medizin und Pflege ausgerichtet. Erstmals gab es dieses Jahr ein ganz neues Setting. Zu den traditionellen Vorträgen am Nachmittag wurde ein umfangreiches Workshop-Programm am Vormittag angeboten, das auf große Resonanz bei den Teilnehmern aus allen Berufsgruppen stieß.

In den Workshops bestand die Möglichkeit, einzelne Themen zur besseren Versorgung der Patienten zu vertiefen und auch Tipps und Anleitungen für den nicht immer einfachen Arbeitsalltag mit psychiatrisch erkrankten Menschen zu bekommen. Insgesamt wurden sechs Workshops von erfahrenen Workshopleitungen angeboten, teilweise mit fast 30 Teilnehmern. Es ging um Themen wie Risikoeinschätzung, Adherence-Therapie, Suizidprophylaxe und gewaltfreie Kommunikation. In den Workshops zu ProDeMa® und „Sport, Bewegung und herausforderndes Verhalten“ war von den Teilnehmern sogar Körpereinsatz gefordert.

Als erster Referent am Nachmittag sprach der Lehrstuhlinhaber für Forensische Psychiatrie und Psychotherapie der Universitätsmedizin Mainz, Prof. Dr. Wolfgang Retz, zum Thema „Herausforderndes Verhalten“ und stellte die Zusammenhänge zwischen der Störung ADHS und der Delinquenz von Straftätern und insbesondere die Therapiemöglichkeiten dar.

Aus dem Ministerium für Gesundheit, Soziales, Arbeit und Demographie in Rheinland-Pfalz war die Leiterin des Referats für Psychiatrie und Maßregelvollzug, Dr. Julia Kuschnereit, zu der Veranstaltung gekommen. Sie zeigte auf, was sich seit der sogenannten Psychiatrie-Enquªte und der darauf folgenden Psychiatrie-Reform alles an der Versorgung psychisch kranker Menschen verbessert habe und warf einen Blick auf die Perspektiven der psychiatrischen Versorgung in Rheinland-Pfalz. 

Aus der Schweiz war Prof. Dr. Dirk Richter eigens nach Alzey angereist. Er forscht an der Berner Fachhochschule unter anderem zum Thema Deeskalation. Sein Vortrag über „Verbale und non-verbale Deeskalation in psychiatrischen Einrichtungen“ gab viele Einblicke in den Umgang mit psychisch Kranken, lieferte Beispiele aus dem Klinikalltag und gab außerdem praktische Tipps.

Eine Tagungsdokumentation der Vorträge und Workshops finden Sie in der Marginalspalte zum Download.

Bei Fragen rund um das Symposium können Sie sich per E-Mail an info@rfk.landeskrankenhaus.de wenden.