Neue Station für Essstörungen eröffnet

Rheinhessen-Fachklinik Mainz erweitert Behandlungsangebot für Kinder und Jugendliche

Die geschützte Dachterrasse der neuen Station für Essstörungen bei Kindern und Jugendlichen. Foto: Wolfgang Pape

Nach etwa zweijähriger Bauzeit ist an der Rheinhessen-Fachklinik Mainz die neue Station für Essstörungen bei Kindern und Jugendlichen eröffnet worden. Zwar hat sich die Baumaßnahme etwa um ein halbes Jahr verzögert, doch angesichts der Pandemie und der immensen Schwierigkeiten bei Lieferketten sowie der damit verbundenen Herausforderungen bei der Materialbeschaffung ist der Zeitplan einigermaßen im Rahmen geblieben. Die Kosten für die Aufstockung der Klinik um eine Etage betragen rund fünf Millionen Euro, wovon das Land 2,5 Millionen Euro gefördert hat.

Die neue Station verfügt über zehn stationäre Betten zur Behandlung von Essstörungen bei Kindern und Jugendlichen. Insgesamt betreibt die Abteilung für Kinder- und Jugendpsychiatrie somit 25 stationäre Behandlungsplätze, plus einer Tagesklinik mit 20 Plätzen und einer Psychiatrischen Institutsambulanz. Dr. Alexander Wilhelm, LKH-Geschäftsführer, dankt dem Land Rheinland-Pfalz für die Förderung: „Durch die finanzielle Unterstützung des Landes sind wir erst in die Lage versetzt worden, die Aufstockung der Klinik für die dringend benötigten Behandlungsplätze zu realisieren.“

Die Essstörungen rangieren an der Rheinhessen-Fachklinik Mainz mittlerweile hinter den Aufmerksamkeits- und Impulsivitätsstörungen und den Depressionen/Ängsten schon an dritter Stelle, was vor wenigen Jahren noch nicht der Fall war. Diese Entwicklung folgt einem allgemeinen Trend, der in vielen Ländern seit der Corona-Pandemie verstärkt zu beobachten ist.

Das Setting der Station für Essstörungen ist speziell auf die Bedürfnisse der Patient:innen hin entwickelt worden. Prof. Dr. Michael Huss, Chefarzt und Ärztlicher Direktor, sagt: „Natürlich gehört eine Therapieküche zum Pflichtprogramm für eine solche Station, aber auch somatische Überwachungsmöglichkeiten wie die Kontrolle des Herzschlags im Schlaf.“ Darüber hinaus seien es besonders die speziell ausgebildeten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus den Bereichen Psychotherapie, Pflege bis hin zur Ökotrophologie (Ernährungswissenschaft) Garant für eine erfolgreiche Therapie.

Eine große Herausforderung für den Behandlungserfolg einer Essstörung ist die zu Beginn oft fehlende Krankheitseinsicht der Patient:innen. „Hier müssen wir sehr behutsam und auf jeden individuell eingehen. Die Jugendlichen gehen rücksichtslos mit ihrem Körper um. Wir müssen gemeinsam mit ihnen Kompromisse finden, um der Abwärtsspirale zu entkommen.“ Es leiden zwar mehr junge Frauen an einer behandlungswürdigen Essstörung, der Chefarzt nimmt aber wahr, dass mehr und mehr Jungen ebenfalls betroffen sind. Nicht selten spielt exzessiver Sport eine Rolle.

Der medizinische Behandlungsbedarf in der Kinder- und Jugendpsychiatrie der Rheinhessen-Fachklinik hat einen großen Wandel erlebt. Zwar ist die Klinik nahezu ständig zu 100 Prozent belegt, doch was seit der Pandemie besonders auffällt, ist die Verschiebung zwischen elektiven Aufnahmen und Notfallaufnahmen. Lag das Verhältnis in früheren Jahren bei etwa 50:50, hat es sich verschoben auf mehr als 90 Prozent Notfallaufnahmen. „Wir haben in den vergangenen Jahren oft nur noch im Akutbetrieb gearbeitet. Dieser Druck wird mit der neuen Station nun dankenswerterweise reduziert“, sagt Michael Huss.

Die Planungen zur Behandlung von Essstörungen an der Rheinhessen-Fachklinik gehen bis ins Jahr 2013 zurück, damals noch gedacht als Kooperationsprojekt mit der Universitätsmedizin Mainz. Mit der Weiterentwicklung des Konzepts entschied das Landeskrankenhaus 2017 schließlich, fünf Betten in Eigenregie zu betreiben. Damals noch in übergangsweise genutzten Räumen. Alle rückten etwas enger zusammen, so wurden beispielsweise aus Büroräumen Patientenzimmer. Zu diesem Zeitpunkt war bereits klar, dass es sich nur um eine Interimslösung handelt. So wurden die Planungen für eine Erweiterung der Station gemeinsam mit dem Land intensiviert, was schließlich dazu führte, dass Ende 2019 der Förderbescheid des Gesundheitsministeriums für die Erweiterung der Essstörungsstation vorlag.

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