4. Gutachtenseminar der Klinik Nette-Gut

Das Seminar rückte die praktische Umsetzung der Grundlagen der Prognosebegutachtung in den Mittelpunkt

Wie sind Patient:innen des Maßregelvollzugs prognostisch einzuschätzen? Das vierte Gutachtenseminar der Klinik Nette-Gut (KNG) knüpfte an das vorherige dritte an und rückte in Teil 2 die praktische Umsetzung der Grundlagen der Prognosebegutachtung in den Mittelpunkt.

Das Seminar begann mit der Exploration des von einem Dozenten gespielten Sexualstraftäters durch die Teilnehmenden. Auf diese Weise und anhand der vorher versendeten Fallvignette konnten sowohl die Kolleginnen und Kollegen, die bereits das Vorseminar besucht hatten, als auch diejenigen, die erst zum zweiten Teil hinzugekommen waren, sich mit dem Fall vertraut machen.

Den Teilnehmenden wurde vom erfahrenen Dozententeam der Klinik nahegebracht, woran man Therapiefortschritte im geschützten Bereich feststellen kann. Das ist vor dem Hintergrund der Novellierung des § 63 StGB besonders anspruchsvoll, da der Gesetzgeber nach sechs beziehungsweise zehn Unterbringungsjahren erhöhte Anforderungen stellt.

Bei einer Prognosebegutachtung gilt es, sich mit empirischen Daten zur Wirksamkeit der Maßregelvollzugsbehandlung intensiv zu befassen, mit Studien zu Tätermerkmalen und den Daten zu Rückfallquoten, dabei prognoserelevante Spezifika zu berücksichtigen.

Eine große Herausforderung stellt die Integration von Basisraten in die individuelle Prognose dar, sie mit den eigenen Beobachtungen und denen des multiprofessionellen Teams überein zu bringen, gerade wenn die Ergebnisse der verschiedenen Ansätze (nomothetisch und idiographisch) divergieren. „Es geht uns darum, Veränderungen abzubilden“, sagt Sonja Dette, Fachpsychologin für Rechtspsychologie. Daher müssten „alle relevanten Faktoren“ berücksichtigt und wissenschaftlich korrekt gearbeitet werden.

Abschließend müssen prognoserelevante Zusammenfassungen der Gutachten erstellt werden, mit der Kernaussage, die natürlich argumentiert werden muss. Auch hierbei ist die Kompetenz der Sachverständigen gefordert.

Um das Erlernte greifbarer zu machen, wurde wie gewohnt anhand eines konkreten Gutachtenfalls vorgegangen – am Ende der Seminarteile 1 und 2 war ein Gutachtenfall gemeinsam abschließend bearbeitet worden, einschließlich der Ableitung von Empfehlungen für Lockerungen, Weisungen und Bewährungsauflagen sowie Liquidation.

Mit dem Gutachtenseminar gibt die KNG Basis-Know-how an die Hand. Es wurden immer wieder Fallbeispiele aus der Praxis diskutiert, die zeigten, dass die Erstellung eines Prognosegutachtens auch bei lehrbuchartigem Vorgehen sehr diffizil ist.

Unter den Teilnehmenden waren erneut „bekannte Gesichter“ aus den Vorseminaren sowie auch neue Kolleginnen und Kollegen, die sich mit der Thematik auseinandersetzen wollten. Der erste Seminartag wurde durch ein gemeinsames Abendessen in der Sky-Lounge in Andernach abgerundet.

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